Das Wichtigste in Kürze
- Im Laufe des Lebens kommt es zu einer starken Veränderung des zirkadianen Rhythmus
- Als Kind hat man sehr frühe Schlafens- und Aufstehzeiten
- Mit der Pubertät wird man zur Nachteule
- Erwachsene werden teilweise erneut zum Frühaufsteher
- Im Alter verschlechtert sich die Schlafqualität und der zirkadiane Rhythmus rutscht noch weiter in die frühen Morgenstunden
- Für einen gesunden und ausgeruhten Schlaf ist Schlafhygiene das Wichtigste!
- Höre auf deinen Körper und passe deine Schlafenszeiten möglichst eng an deinen zirkadianen Rhythmus an
Für immer Eule oder Lerche?
Es ist dunkel. Die Uhr zeigt schon nach Mitternacht an. Während du dich schon müde in deiner Bettdecke eingerollt hast, ist ein Bewohner des Hauses noch hellwach. Dein Teenager Sohn.
Spaß beiseite. Teenager pflegen tatsächlich häufig einen sehr späten Schlafrhythmus. Aber geht es dabei nur um den Anflug pubertärer Rebellion?
Die Schlafwissenschaft antwortet mit einem klaren Nein! Denn ob du dich zu den Früh- oder Spätaufstehern (Lerchen oder Eulen) zählen kannst, hängt neben genetischer Vorbestimmung auch von deinem Alter ab.
Moment mal. Bedeutet das etwa, dass ich gar nichts für meinen Hang zum späten Aufstehen kann? Nicht ganz, denn jeder hat natürlich immer noch die Wahl, seinen Schlafrhythmus durch bestimmte Schlafens- und Wachzeiten bewusst zu steuern.
Aber eben nur zu einem gewissen Anteil. Der Rest wird durch deine innere Uhr bzw. deinen zirkadianen Rhythmus gesteuert. Und der verändert sich im Laufe des Lebens mehr als es dir vielleicht lieb ist.
Zirkadianer Rhythmus von Kindern
Beginnen wir mit den Schlafgewohnheiten eines Kleinkindes. Verantwortungsbewussten Eltern wird häufig nahegelegt, ihre Kleinen früh ins Bett zu bringen. Und das aus gutem Grund. Denn der zirkadiane Rhythmus von Kindern weicht maßgeblich von dem der Erwachsenen ab.
Ihre innere Uhr lässt sie den Tag früh beginnen (meistens gegen 6 oder 7 Uhr morgens) und ebenso früh wieder beenden (Schlafenszeit um etwa 9 Uhr). Und das unabhängig von den tatsächlichen Schlafenszeiten.
Aus diesem Grund haben junge Eltern die Freude, auch am Wochenende schon am frühen Morgen mit ihrem wachen Kind rechnen zu können. Durch die Veränderung des zirkadianen Rhythmus wird schon früher am Tag die Melatonin Zufuhr zum Gehirn reduziert, wodurch Kinder früher aufwachen.
Veränderung bei Teenagern
Vollkommen anders verhält es sich mit Teenagern. Denn sie werden durch die starken hormonellen Umstellungen der Pubertät auf einmal zur regelrechten Nachteule.
Schulbeginn um 8 Uhr morgens? Ein absoluter Horror. Und dafür darf man ihnen auch eigentlich keine Vorwürfe machen. Denn durch die Umstellung der inneren Uhr als Jugendlicher wird das frühe Einschlafen beinahe zu einem Ding der Unmöglichkeit.
Das verantwortliche Gehirnareal, der Nukleus Suprachiasmaticus, schüttet erst bedeutend später den schlafinduzierenden Botenstoff Melatonin aus. Später noch, als bei Erwachsenen.
Die Folge? Teenager haben kaum eine andere Wahl als Schäfchen zu zählen und stundenlang an die Decke zu starren, bevor sie den ersehnten Schlaf finden. Oder aber (und das ist deutlich wahrscheinlicher) sich mit anderen Beschäftigungen wach zu halten, bis die Müdigkeit einsetzt.
Die Konsequenz? Eigentlich ein ebenso spätes Aufstehen. Doch die Schulpflicht rechnet mit Teenagern auf eine, aus schlafwissenschaftlicher Sicht, sehr unfaire Weise ab.
Der dadurch entstehende Schlafmangel ist nicht nur Gift für das sich entwickelnde Gehirn. Er unterstützt häufig auch die ohnehin schon regelmäßig auftretenden Stimmungsschwankungen. Besonders am Morgen.
Der zirkadiane Rhythmus von Erwachsenen
Doch es besteht Grund zur Hoffnung. Denn wir sind nicht dazu bestimmt, für immer Eulen zu bleiben.
Etwa ab dem 20. Lebensjahr kommt es erneut zu einer Veränderung des zirkadianen Rhythmus. Zumindest für die meisten Menschen.
Etwa 40% werden erneut zum Frühaufsteher. Ihre produktivste Phase des Tages liegt also schon am frühen Morgen und Vormittag. 30% sind jedoch nach wie vor „nachtaktiv“ und haben Schwierigkeiten mit frühen Schlafens- und Wachzeiten. Die übrigen 30% befinden sich irgendwo in der Mitte.
Der Unterschied? Erwachsenen steht eher als schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit offen, ihre Arbeitszeiten an ihre natürlichen Schlafzeiten anzupassen.
Aber häufig leider auch nicht. Und Lerchen haben es durch ihre morgendliche Produktivität und Wachheit in der Arbeitswelt deutlich leichter.
Zirkadianer Rhythmus im Alter
Doch das letzte Wort des biologischen Tagesrhythmus ist noch nicht gesprochen. Denn im weiteren Verlauf des Lebens gibt es noch eine weitere erhebliche Umstellung.
Nämlich im Alter. Etwa ab dem 60. – 70. Lebensjahr beginnt sich der zirkadiane Rhythmus noch weiter nach vorne zu verschieben. Du erwachst noch früher und kannst nicht mehr einschlafen.
Problematisch daran ist, dass die vorgezogenen Wachphasen häufig durch einen unterbrochenen, ineffizienten Schlafzyklus begleitet werden. So werden die gewohnten und gesunden 7–9 Stunden Schlaf pro Nacht schnell zu nur 5 oder weniger.
Zum einen wird dieses Problem durch eine schwächere Blase begünstigt, wodurch Tiefschlafphasen immer wieder unterbrochen werden. Denn eine schwächere Blase im Alter begünstigt auch häufigere Toilettengänge, welche die Schlafzeiten und die wichtigen Tiefschlafphasen unterbrechen. Hinzu kommt das frühe Erwachen durch einen verschobenen zirkadianen Rhythmus.
Und schneller als es dir lieb ist, wirst du von einem unangenehmen Schlafentzug geplagt, der sich bei älteren Menschen auch durch Vergesslichkeit äußern kann. Ein Symptom, das fälschlicherweise schnell mit Demenz verwechselt wird.
Behandlungsmethoden
Aus diesem Grund ist es ratsam, eine gesunde Schlafhygiene zu betreiben. Höre auf deinen Körper und versuche bestmöglich, deine Schlafphasen an deinen zirkadianen Rhythmus anzupassen. Denn ein stetiger Kampf gegen deine innere Uhr kann in chronischer Müdigkeit oder sogar Krankheit münden.
Eltern mit Teenager Kindern sollten sich in Nachsicht üben und den späten Schlafzyklus ihres Kindes nicht einfach als Faulheit abstempeln.
Du bist selbst eine Eule und musst früh aufstehen? Dann versuche die verpasste Tiefschlafphase in einem Mittagsschlaf wieder einzuholen. Aber aufgepasst. Mittagsschlaf will gelernt sein. Denn die Uhrzeit für deinen kleinen Schlummer ist absolut entscheidend dafür, dass dein essenzieller Nachtschlaf nicht gestört wird.
Falls du unter chronischem Schlafentzug leidest, suche besser einen Arzt auf. Durch Therapien mit künstlichem Licht und das Tragen einer Sonnenbrille kann dein zirkadianer Rhythmus dann entsprechend ausgedehnt oder verkleinert werden.
Marius Derkum
Marius studiert Kommunikationswissenschaften und Digitales Marketing. Während seiner Studienzeit hat er die drastischen Folgen eines unsteten Schlafzyklus am eigenen Körper gespürt. Um seine physische und psychische Leistung zu verbessern, hat er sich deshalb intensiv mit dem Thema Schlaf auseinandergesetzt. Sein Ziel ist es, durch informative und unterhaltsame Artikel die Bedeutung eines regelmäßigen Schlafrhythmus aufzuzeigen.